Merck KGaA – Standort Darmstadt

Generalplanung für die Errichtung einer
4. Reinigungsstufe auf der Betriebskläranlage


Die Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid des Regierungsbezirks Darmstadt hat kürzlich die Baustelle besucht. Mehr dazu finden Sie hier!


Aktuelle Infos zum Baufortschritt finden Sie hier.

Merck, ein führendes Wissenschafts- und Technologieunternehmen, plant die Erweiterung seiner zentralen Abwasserbehandlungsanlage am Standort Darmstadt (s. Abbildung 1) um eine sogenannte vierte Reinigungsstufe. Mit Hilfe von Aktivkohlefiltern soll die derzeitige Reinigungsleistung der Anlage von bis zu 98 Prozent zukünftig nochmals erhöht werden. Die Bauarbeiten werden im Jahr 2021 beginnen; die Inbetriebnahme ist für das Jahr 2023 geplant.

 

Abbildung 1: Zentrale Abwasserbehandlungsanlage der Merck KGaA, Standort Darmstadt (Quelle: Pressemitteilung der Merck KGaA vom 19.11.2020)

Die vierte Reinigungsstufe dient der Elimination von anthropogenen Spurenstoffen. Sie wird aus einem Zwischenpumpwerk und einer Filtrationsstufe mit granulierter Aktivkohle (GAK) bestehen. Oberhalb des Zwischenpumpwerks ist zudem eine Tuchfiltrationsstufe als zukünftige Erweiterungsoption vorgesehen.

Mit dem Zwischenpumpwerk wird das Abwasser einmalig angehoben, um anschließend die vierte Reinigungsstufe im freien Gefälle zu durchlaufen. Die optionale Tuchfiltrationsstufe ist in drei Kammern unterteilt, in denen für eine vorgeschaltete Feststoffabscheidung jeweils ein Polstoff-Scheibenfilter installiert werden kann (s. Abbildung 2).

Abbildung 2: 3D-Modell des Zwischenpumpwerks und der Tuchfiltrationsstufe

Das Herzstück der 4. Reinigungsstufe ist die Aktivkohlestufe (s. Abbildung 3). Hierbei handelt es sich um einen diskontinuierlich gespülten Raumfilter, der als Betonbauwerk ausgeführt wird. Die sechs Filterkammern des Raumfilters werden mit insgesamt rund 300 m³ bzw. 150 t granulierter Aktivkohle befüllt. Mit Inbetriebnahme der 4. Reinigungsstufe wird das gesamte Abwasser der Merck KGaA durch dieses Filterbett geleitet. Beim Durchströmen des Filtermaterials adsorbiert ein Großteil der Spurenstoffe an die Aktivkohle und wird somit aus dem Abwasser entfernt. Das von Spurenstoffen weitestgehend befreite Abwasser wird in einen Filtratspeicher und anschließend in den Vorfluter geleitet.

Abbildung 3: 3D-Modell der GAK-Filtrationsstufe mit Maschinenraum

Die Rückspülung des Raumfilters wird in einem geschlossenen Kreislauf mit bereits aufgereinigtem Filtrat erfolgen. So wird gewährleistet, dass der Betrieb der vierten Reinigungsstufe keinen zusätzlichen Trinkwasserverbrauch bzw. Abwasseranfall generiert. Das Spülabwasser wird in einem Speicherbecken vorgehalten und durchläuft anschließend die Werkskläranlage von Neuem. Der Filtrat- und Spülabwasserspeicher werden unterhalb der Filterkammern angeordnet, wodurch der Flächenbedarf der Gesamtanlage auf das Nötigste minimiert wird.

Die Dr. Born – Dr. Ermel GmbH als Generalplaner des Bauvorhabens hat die Aktivkohlestufe zur Spurenstoffelimination anhand zahlreicher Publikationen der praxisrelevanten Forschung der letzten zehn Jahre sowie regional veröffentlichen Planungshilfen verfahrenstechnisch dimensioniert. Die hierbei gewählten Bemessungsgrundlagen wurden durch den im Oktober 2020 von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) veröffentlichen Entwurf für das Merkblatt DWA-M 285-2 vollumfänglich bestätigt.

Die hydraulische Bemessung der 4. Reinigungsstufe wurde mit der Software HYDKA 3S durchgeführt (s. Abbildung 4). In die hydraulische Dimensionierung sind zudem die Ergebnisse einer CFD-Strömungssimulation (CFD = Computational Fluid Dynamics) der FlowConcept GmbH eingeflossen (s. Abbildung 5).


Abbildung 4: Ergebnisse der hydraulischen Dimensionierung der 4. Reinigungsstufe

 


Abbildung 5: Ergebnisse der CFD-Simulation für die Aktivkohlestufe (Quelle: FlowConcept GmbH)

Die Ingenieurbauwerke sowie die Maschinen- und Elektrotechnik der 4. Reinigungsstufe wurden mittels Building Information Modelling (BIM) komplett in 3D entworfen. Die Kammern der optionalen Tuchfiltration konnten somit passgenau auf die technische Ausrüstung abgestimmt und konstruiert werden. Zudem war es möglich, die komplexe Rohrleitungsführung des Rückspülsystems der Aktivkohlestufe zu entwickeln, darzustellen und zu überprüfen. Anhand der 3D-Modelle wurden die Planungsfortschritte in regelmäßigen Zeitabständen dokumentiert und mit der zuständigen Fachabteilung der Merck KGaA und technischen Ausrüstern konstruktiv diskutiert.

Das Bauvorhaben der Merck KGaA wurde von politischen Akteuren im Bundesland Hessen durchweg positiv aufgenommen. „Mit der Erweiterung seiner Kläranlage übernimmt das Unternehmen Verantwortung im Sinne der Umweltvorsorge für die Region“, erklärt die hessische Umweltministerin Priska Hinz. Der Darmstädter Oberbürgermeister Jochen Partsch fügt hinzu, dass das Unternehmen mit dem Bau der 4. Reinigungsstufe einen wichtigen Beitrag zu mehr Umwelt- und Naturschutz leiste. Merck zeige einmal mehr, „dass es sich seiner Verantwortung in Sachen Nachhaltigkeit bewusst ist“.

Kenndaten:

  • Industriekläranlage für Abwasser aus der pharmazeutischen/chemischen Industrie
  • 137.500 EW
  • Max. Abwassermenge: Q = 750 m³/h
  • Neubau Zwischenpumpwerk
  • Neubau Tuchfiltration (Option)
    - Filterfläche: A = 90 m²
  • Neubau GAK-Filtration:
    - Filterfläche: A = 120 m²
    - Filterbettvolumen: V = 300 m³

Leistung:

  • Grundlagenermittlung
  • Vorplanung
  • Entwurfsplanung
  • Mitwirkung bei der Genehmigungsplanung
  • Ausführungsplanung
  • Vorbereitung der Vergabe
  • Mitwirkung der Vergabe
  • Objektüberwachung

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