Entmunitionierung historischer Wallgraben Schwalmstadt-Ziegenhain

Nach Hinweisen auf eine Kampfmittelbelastung des historischen Wallgrabens im hessischen Schwalmstadt-Ziegenhain, wurden Kampfmittelsondierungen im Bereich der Wasserfestung Ziegenhain durchgeführt. Bei den Untersuchungen wurden durch geomagnetische Messungen flächige Kampfmittelfunde ermittelt. Aufgrund dieser Funde musste der Wallgraben für eine Nutzung bis zur Freigabe nach einer kompletten Räumung gesperrt werden. Behördlicherseits wurde eine Kampfmittelräumung des Wallgrabens gefordert.

Die Festung Ziegenhain wurde im 16. Jahrhundert zu der heute noch in Teilen erhaltenen Festungsanlage ausgebaut. Die ehemalige Wasserfestung bildet heute den historischen Stadtkern von Ziegenhain und stellt ein bedeutendes Kulturdenkmal dar. Innerhalb und außerhalt des Wallgrabensystems hat sich eine kleinstädtische Mischnutzung aus Wohnbebauung und Gewerbe entwickelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel die Stadt an die Alliierten. Aus historischen Dokumenten ist belegt, dass in dieser Zeit verschiedene Kampfmittel in dem Wallgraben entsorgt wurden.

Der Wallgraben ist ein künstliches Gewässer, dass nur durch Oberflächenwasser gespeist wird. Im Rahmen von weiterführenden Untersuchungen zur Kampfmittelsituation wurde der Verdacht bestätigt und zahlreiche Kampfmittel sowie Waffen/Waffenteile gefunden. Im Jahr 2008 wurde der Wallgraben daher für die Nutzung gesperrt. Er diente bis dahin als Naherholungsgebiet.
Eigentümer der betroffenen Flächen ist das Bundesland Hessen. In dessen Auftrag führte der Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen (LBIH) die Kampfmittelräumung des Großen und Kleinen Wallgrabens durch. Nach Datenauswertung des Kampfmittelräumdienstes des Landes Hessen sah die Situation so aus:
Es handelt sich nicht um ein Bombenabwurfgebiet, aber im gesamten Wallgraben ist mit verklappten Kampfmitteln sowie Waffen und Waffenteilen zu rechnen. Die größte anzunehmende Sprengkraft wies eine aufgefundene Panzermine auf.
Die Kampfmittelräumung sollte nach dem Stand der Technik durchgeführt werden. Nach Abschluss der Räumarbeiten hatte eine geophysikalische Freimessung zu erfolgen, um den Räumerfolg zu überprüfen.

Im Rahmen des Planungsprozesses wurden zunächst zentrale Fragestellungen über die praktische Umsetzung gestellt:

• Mit welchen Räumverfahren können die geforderten Räumziele erreicht werden?
• Welche Räumverfahren sind technisch umsetzbar und wirtschaftlich sinnvoll?
• Wie kann ein maximaler Schutz für die im Räumbereich tätigen Mitarbeiter sowie für die unmittelbar umgebende Wohnbebauung erreicht werden?
• Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, um die Eingriffe in das Ökosystem "Wallgraben" möglichst gering zu halten?

Bei der Räumung wurden die gefundenen Kampfmittel durch den Kampfmittelräumdienst identifiziert und in speziellen Behältern zum Abtransport bereitgestellt. Dieser erfolgte nach Auffindung am selben Tag durch vom KMRD Hessen autorisierte Stellen zur Entsorgungsstelle. Nicht transportfähige Munition wurde in einem hierfür errichteten Sprengplatz vor Ort vernichtet. die Verantwortung für erforderliche Sprengungen lag hier ebenfalls beim KMRD Hessen.
Vor und während der Ausführung der Maßnahmen wurden mehrere öffentliche Informationsveranstaltungen durchgeführt, die die Akzeptanz der Maßnahmen wesentlich erhöht haben. Auch die erforderlichen Verkehrs- und Sicherungsmaßnahmen mussten aufgrund der teils erheblichen Eingriffe in die jeweilige Nutzung vorab intensiv mit den betroffenen Anliegern und der Straßenverkehrsbehörde abgestimmt werden. Nach Abschluss der Arbeiten erfolgte eine letzte Kontrollmessung.

Das Projekt ist erfolgreich und ohne Schadensfälle abgewickelt worden. Nach Abschluss der Beräumung konnte der Kleine Wallgraben bereits wieder für eine uneingeschränkte Nutzung freigegeben werden. Der große Wallgraben wird noch in diesem Jahr ebenfalls wieder uneingeschränkt nutzbar sein.

Hier finden Sie weitere Informationen zu diesem Projekt in einem in der April-Ausgabe 2020 des altlasten spektrums erschienen Artikel.

Hier finden Sie weitere Details zu dem von uns umgesetzten Projekt.